CDU Schwalmtal beantragt Maßnahmen zur Sicherung der Feuchtgebiete im Schwalm-Nette-Gebiet

2. Dezember 2020

In 2019 wurde das vorgezogene (endgültige?) Ende der Kohlegewinnung in den nahegelegenen Braunkohletagebaugebieten (Garzweiler, Hambach, Inden) durch die sogenannte Kohle-Kommission beschlossen.

Viele Details sind noch unklar und die vorliegenden Informationen zeigen nicht zu unterschätzende Risiken für die Versorgung der grundwasserabhängigen Feuchtgebiete im Schwalm-Nette-Gebiet und der Trinkwasserversorgung auf. Aus diesem Grund hat die CDU-Schwalmtal am 20. November den folgenden Antrag zur schnellstmöglichen Realisierung der Rheinwassertransportleitung, der Gründung einer Stiftung mit ausreichend finanziellen Mitteln für bestehende Ewigkeitslasten und der neue Konzeption des Wassermanagements im Gemeinde- und Schwalm-Gebiet eingebracht.

Um die grundwasserabhängigen Feuchtgebiete im Schwalm-Nette-Gebiet und die große Tier- und Pflanzenvielfalt zu schützen, wurde seinerzeit im Rahmen der Genehmigung von Garzweiler II beschlossen, das im Tagebau Garzweiler abgepumpte Grundwasser (sog. Sümpfung) über kilometerlange Leitungen den Feuchtgebieten über Sickerbrunnen wieder zuzuführen, z.B. auf unserem Gemeindegebiet nahe Leloh. Hierdurch soll der Bergbaueinfluss auf die empfindlichen Ökosysteme minimiert werden sowie die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sichergestellt werden. Dazu werden derzeit jährlich rd. 90 Mio. m³ Wasser durch den Bergbaubetreiber dem natürlichen Wasserhaushalt zugeführt.

Durch den im vergangenen Jahr beschlossenen Kohle-Kompromiss sollen der Tagebau Hambach und Inden bereits 2030 und Garzweiler 2038 geschlossen werden (anstatt 2045). Die Restlöcher des Tagebaus sollen nach Ende des Braunkohleabbaus mit Fremdwasser aus dem Rhein und der Rur (für Inden) befüllt werden.

Da sich der Tagebau Garzweiler bei Erkelenz bis 2038 vom Schwalmgebiet einerseits immer weiter entfernt und andererseits die abzubauende Kohle in tieferen Erdschichten gefördert werden muss (wodurch der Grundwasserspiegel noch tiefer abgesenkt wird!), wird bereits ab 2030 mit einer Unterdeckung des abgepumpten Wassers gerechnet, sodass eine ausreichende Versorgung der Feuchtgebiete bzw. des Grundwassers durch Sümpfung und Einleitung nicht sichergestellt ist. Aus diesem Grund muss die ab 2030 entstehende Versorgungslücke durch Fremdwasser aus dem Rhein geschlossen werden und so die Trinkwasserversorgung sichergestellt und die Austrocknung der Feuchtgebiete verhindert werden.

Die hierfür vorgesehene 25 km lange und ca. 70 m breite Trasse der Rheinwassertransportleitung vom Rhein bis Garzweiler II muss bis spätestens 2030 erst noch gebaut werden (einschl. der Bauten zur Wasserentnahme am Rhein). Die erforderlichen Planverfahren und die Beantragung der entsprechenden Bauverfahren durch den Bergbaubetreiber sind bislang noch nicht erfolgt. Die Entnahmemenge am Rhein wird bis zu 130 Mio. m³ Wasser im Jahr betragen (nur für Tagebau Garzweiler II !) –vorausgesetzt der Rhein führt insbesondere zu Sommer– bzw. Trockenzeiten ausreichend Wasser für die Binnenschifffahrt.

Zum Vergleich: Der Kreis Viersen mit seinen rd. 300.000 Einwohnern verbraucht rd. 20 Mio. m³ Trinkwasser im Jahr, das aus Brunnen unterschiedlicher Tiefe im Kreisgebiet gefördert und aufbereitet wird.

Zur Sicherstellung der langfristigen Versorgung der grundwasserabhängigen Feuchtgebiete im Schwalm-Nette-Gebiet und der Trinkwasserversorgung, wird die Wasserentnahme aus dem Rhein und die ab 2038 beginnende Befüllung des  Restlochs Garzweiler vermutlich über das Jahr 2100 hinaus erforderlich sein.

Die finanziellen Mittel zum Bau, Betrieb und Rückbau der Rheinwassertransportleitung und des Leitungs- und Sickerbrunnensystems werden vom Bergbaubetreiber zur Verfügung gestellt. Dies erfolgt in der Regel auf Basis von bilanziell gebildeten Rückstellungen, die der Betreiber gebildet hat im Zusammenhang mit Geldzuflüssen aus der lfd. Geschäftstätigkeit im jeweiligen Geschäftsjahr oder durch Kredite. Durch den Kohle-Kompromiss wird der Betreiber wesentlich früher als erwartet (ab 2038) keinen Ertrag aus der Stromgewinnung aus Braunkohle mehr erwirtschaften können. Sodann stehen dem Bergbaubetreiber keine Einnahmen aus dem direkt zuzuordnenden operativen Geschäft zur Erfüllung der Ewigkeitslast Erhalt des Schwalm-Nette-Gebietes und Sicherstellung der Trinkwasserversorgung mehr zur Verfügung.

Überlagert werden die Folgen des Tagebaus vom Klimawandel, dessen Auswirkungen auch in der Gemeinde Schwalmtal ganz konkret sichtbar werden. So führt der Kranenbach in Höhe Ungerath bis zum Sportplatz Waldniel und weiter lang anhaltend kein Wasser mehr, gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt und den Bestand der Teiche im Hauptschluss (bspw. Kaiserpark-Weiher) sind bereits deutlich.

Auf der anderen Seite mehren sich Starkregenereignisse, bei denen das Wasser jedoch zu schnell durch Gräben, Bäche und Flüsse bzw. durch die Kanalisation in die Klärwerke und letztendlich durch die Maas in die Nordsee abfließt. In der Folge versickert zu wenig Wasser im Boden, um die Grundwasserstände im Schwalmgebiet zu halten bzw. aufzufüllen.

Die Leitentscheidung der Landesregierung vom 06.10.2020 benennt zwar das Problem der Feuchtgebiete, bleibt aber vage und ohne jegliche konkrete Zusagen.

Auf Basis der vorgenannten Sachverhalte hat die CDU-Fraktion am 20.11.2020 beantragt:

1. Rheinwassertransportleitung schnellstmöglich realisieren

Durch den vorgezogenen Braunkohleausstieg und der sich daraus ergebenden Unterversorgung an Sümpfungswasser für das Schwalm-Nette Gebiet ergibt sich bereits ab 2030 ein akuter Bedarf an Rheinwasser für unsere Region!

Der Bürgermeister fordert das Wirtschaftsministerium des Landes NRW (Abteilung 6 der Bezirksregierung Arnsberg „Bergbau und Energie in NRW“)
in Form einer
Resolution des Gemeinderates auf,

  • unverzüglich auf den Beginn der erforderlichen Planverfahren hinzuwirken; und
  • sicherzustellen, dass der Bergbaubetreiber die entsprechenden Anträge zur Errichtung der Rheinwassertransportleitung einreicht;
  • sodann die Genehmigungsverfahren schnellstmöglich abzuschließen, damit die Bauphase bedarfsgerecht bis spätestens 2030 abgeschlossen wird.

Verzögerungen würden sowohl für die ökologisch wertvollen Feuchtgebiete, als auch
für die sichere Trinkwasserversorgung der Bevölkerung im gesamten Schwalm-Nette-Gebiet zu nicht absehbaren negativen Konsequenzen führen.

2. Stiftung mit ausreichenden finanziellen Mitteln für Ewigkeitslasten gründen

Durch die ungewisse Situation zur rechtzeitigen Inbetriebnahme und zum reibungslosen Betrieb der Rheinwassertransportleitung sowie des Leitungs- und Sickerbrunnensystems bis über das Jahr 2100 hängt das gesamte Schwalm-Nette-Gebiet über Jahrzehnte buchstäblich am Tropf des Tagebaubetreibers und dessen finanzieller Ausstattung. Der Betreiber wird jedoch früher als erwartet und zwar wie bereits erwähnt ab 2038 keinen direkten Ertrag mehr „aus Garzweiler“ erwirtschaften.

Aus diesem Grund fordert der Bürgermeister in vorgenannter Resolution des Gemeinderates die Landesregierung eindringlich auf,

  • für ausreichende finanzielle Mittel für die gesamte Dauer dieser wasserwirtschaftlichen Maßnahmen Sorge zu tragen. Hierbei sind die möglichen Folgen des Klimawandels und damit einhergehende Verzögerungen bzw. finanzielle Mehraufwendungenbei den entnehmbaren Wassermengen aus
    dem Rhein zu berücksichtigen.

Des weiteren fordert der Bürgermeister in der Resolution des Gemeinderates, dass

  • eine Stiftung nach dem Vorbild der RAG-Stiftung (übernimmt die Ewigkeitslasten aus dem Steinkohleabbau im Ruhrgebiet) zu gründen und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln auszustatten ist.

Hierdurch soll die Finanzierung der Jahrzehnte andauernden Ewigkeitslasten unabhängig vom unternehmerischen Erfolg des Betreibers sichergestellt werden.

3. Wassermanagement im Gemeinde- und Schwalm-Gebiet neu konzipieren

Aufgrund der absehbaren Folgen des Kohle-Kompromisses für das gesamte Schwalm-Nette-Gebiet und der sich in den letzten Jahren immer deutlicher abzeichnenden Folgen des Klimawandels beantragen wir, dass die Gemeindeverwaltung in Abstimmung mit dem Kreis Viersen langfristige Strategien zur Sicherstellung des Grundwasserhaushalts und der hiesigen Feuchtgebiete entwickelt.

Im Rahmen dieses Gesamtkonzepts sind die Maßnahmen in Abhängigkeit ihres ökologischen Wirkungsgrades und ihrer wirtschaftlichen Folgen zu bewerten und entsprechend zu priorisieren. Das Konzept ist idealerweise im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit mit den Kommunen im Schwalm-Gebiet und dem Schwalmverband als zuständigem Organ für wasserwirtschaftliche Aufgabenstellungen zu entwickeln.

Die Gemeindeverwaltung hat regelmäßig (z.B.halbjährlich) über Planungen, durchgeführte Maßnahmen und aktuelle Ergebnisse im Wege eines Monitorings zu informieren.
Die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere die Landwirtschaft und möglicherweise betroffene Grundstückseigentümer, sind proaktiv zu informieren und einzubinden.

 

Unser Landrat im Kreis Viersen hat am 1. Dezember eine Stellungnahme zur Leitentscheidung mit gleichlautenden Forderungen an die Landesregierung übermittelt.

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